( nach Dr. Ernest Schneider :
Material zu einer archeologischen Felskunde des Luxemburger Landes )

Dr. Schneiders Schleifrillen

Stumme und oft unerklärliche Zeichen von menschlicher Bearbeitung befinden sich auf zahlreichen Felsen und Felsblöcken in der Consdorfer Umgegend. Es sind dies Schleifrillen, Schleiffurchen, Kreuze und symbolische Zeichen, Reliefbilder, Mulden, Löcher und Sitzflächen, bearbeitet oder eingehauen in den Sandstein. Der Verwitterungsgrad der bearbeiteten Flächen ist meist groß und lässt sich auf ein Alter zwischen 1000 bis 3000 Jahren einschätzen.

Schleifrillen nennt der Archeologe in den Stein geschliffene Rillen verschiedener Formen die in 3 Typen eingeteilt werden:
1) Kahnform 2) Löffelform 3) Schnittform
Während die Kahn- und Löffelformrillen möglicherweise durch das Schleifen von Steinäxten entstanden sind, hat man das bei den Schnittformrillen experimentel nicht nachweisen können.
Schleiffurchen sind meterlange , durch Abnutzung entstandene Einbuchtungen im Felsgestein und deuten auf mögliche frühzeitliche menschliche Aktivität hin. Ihr Ursprung ist in allen Fällen bisher ungewiss und lässt sich auch schwer von natürlichen Wasserbearbeitungsspuren unterscheiden, deshalb soll ihnen hier keine zu große archeologische Bedeutung zukommen.
Felsenzeichen sind in den Felsen gehauene Symbole wie z. Bsp Kreuze, Schwerter, Kreise und vereinfachte menschliche Figuren. Da der menschliche Ursprung solcher Zeichen offensichtlich ist, wäre hier eine Datierung und Deutung von Sinnen.
Reliefbilder sind meist jüngeren Ursprungs und lassen sich schon ziemlich genau als keltisches Kulturgut identifizieren.
Eingehauene Löcher, Mulden und bearbeitete Sitzflächen weisen wohl auf menschliche Behausungen, doch fehlt bisher jede genaue Datierung und kann deshalb nur von Fall zu Fall eine genauere Deutung zulassen.

Im Folgenden sollen alle, auf Consdorfer Bann und naher Umgegend befindlichen Felsbearbeitungen erwähnt und lokalisiert werden. Dies sei zu bewerten als Bestandesaufnahme 1998. Auf eine präzise Ortsbeschreibung der Funde wurde bewusst verzichtet, dies um möglichem Vandalismus vorzubeugen. Eine genauere Beschreibung über frühzeitliche Felsenbearbeitung entnehmen sie bitte dem Buch von Dr. Ernest Schneider: Material zu einer archeologischen Felskunde des Luxemburger Landes, erschienen 1939 und auf dessen Aufzählung dieser Bericht sich größtenteils bezieht.

Hersbergertal
Von der Kapelle 600 m weiter, links in 15 m Entfernung vom Weg erhebt sich am Hang ein dreiterrassiger Felsstock an dessen Fuße 27 Rillen in waagerechter Reihenfolge eingeschliffen sind.. Der Fels hat drei Plattformen und weist vorne , sowie an den Seiten in verschiedener Höhe eine Anzahl Felsschutzdächer und kleineren Höhlen auf, die alle zu Wohnzwecken geeignet waren. Ein unbearbeiteter, von aussen hergebrachter Quarzophyllad wurde über den Schleifrillen in einer Felsnische, aufgefunden.
Zur selben Seite wie der Fels steht hoch oben am Talrand, eine hohe Felswand, die Gehaë Lä. Auf ihr sind mit der Spitzhacke herausgearbeitete Aussparungen zu bemerken, die Rückwände von angebauten Behausungen zu sein scheinen. Weiter nach Norden , in 400m Entfernung, befindet sich eine alte Wehranlage, Kaasselt genannt. In ihrem Schutzwall und Laufgraben wurden quaderförmig gemeißelte Steine mit Resten von römischen Inschriften gefunden, sowie walzenförmige Steinblöcke, die möglicherweise von Umfassungsmauern keltischer Grabanlagen herstammen.

Steinbachtal bei Hersberg
Auf der rechten Bachseite, 50 m vom Eingang entfernt,dann 190 m weiter talabwärts und schliesslich noch 18 m weiter befinden sich Felsen mit Zeichen menschlicher Bearbeitung, darunter ausser Schleifrillen,auch Furchen und Kreuze. Letztbenannte Stelle ist mittlerweile eingezäunt und durch eine Erklärungstafel beschildert.

Schleifrillen aus dem Steinbachtal

In größerer Entfernung, etwa 160 bzw. 90 m vor dem Talende, befinden sich hoch oben im linken Hang noch einige Schleifrillen und Kreuze an zwei verschiedenen Felsen. Kaasselt, die vorhin genannte Fliehburg, ist in unmittelbarer Nähe.

Zusammenfluss des Colbetter- und des Glodenbach

 Schleifspuren im Colbetterbachtal Vom Stoppelhof ausgehend , am Talende, am Fuße des rechten Eckfelsens, befinden sich Überreste einer Mörtelmauer von einer, an die Felswand angebauten Behausung. Geht man von hier um den Fuß des Felsens begegnet man an 4 verschiedenen Stellen Schleifspuren, alle im Schutze eines breiten Felsdaches. Zur Seite des Colbetterbaches weist der linke Eckfelsen an überhängender Stelle, in Höhe von 2 bis 2,5 m über dem heutigen Boden, 8 verschiedene in den Stein geschnittene Kreuze mit durchgängig handlangen Balken auf. Etwa 10 m weiter, zum Glodenbach hin, sind Spuren einer anscheinend trockenen Mauer vorhanden.
Entlang der Straße Consdorf-Breidweilerbrück
Zur rechten Seite der Landstraße, zwischen Consdorfer Weiher und Mühle, liegt am Fuße der Straßenböschung ein mittelgroßer Felsblock der eine Gleitfurche, zwei Lochstufen,mehrere Mulden,drei Schleifrillen, eine schalenartige Vertiefung und eine eingehauene,senkrechte Rinne aufweist.Der Felsblock befindet sich heute teilweise unter Wasser und ist mit kleineren Bäumen bewachsen.

 Bearbeiteter Felsen nahe des Consdorfer Weihers

Etwas weiter erhebt sich am linken Straßenrand ein mächtiger, überhängender Felsen, die Tinneslä, an dessen Fuße 8 stark verwitterte Rillen eingeschliffen sind. Die Schleifflächen sind durch zahlreiche Einritzungen von Besuchern fast nicht mehr zu erkennen.
100m vor der Gabelung der Straße in zwei Stränge steht an der linken Seite ein abgebrochener Felsblock mit Resten einer Gleitfurche. Nach Aussagen damaliger Zeugen und aus den Angaben von Pr. N. van Wervekes "Le Müllerthal et les Environs" wurden hier noch ein Dutzend weiterer Gleitfurchen beim Bau der Landstraße 1920-1921 zerstört.
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In einer Entfernung von etwa 2 km von Consdorf, kurz nach der Gabelung der Straße, befindet sich auf der linken Seite , ein kurzes, aber ziemlich breites Felstal, dessen Endabschnitt Goldkaul heißt. Hier begegnet man, wieder links, zunächst einem freiliegenden, kleineren Felsblock mit einer Gleitfläche, dann 20 m weiter eine Felsnische mit 2 langen, gut guterhaltenen Schnittformrillen. Eine, 30m gegenüberliegende, von Dr. Schneider nicht beschriebene, viereckige Mulde mit Auslauf, soll hier trotzdem erwähnt sein.  Schnittformschleifrillen in der Goldkaul
Etwa 1 km weiter in Richtung Breidweilerbrück, in der weitgebogenen Linkskurve, befindet sich rechtsseitig, in etwa 70 m Entfernung von der Landstraße, im Abhang, der Van Wervekefelsen, ein überhängender Felsen , an dessen rechte Frontecke 11 Kreuzzeichen eingeschnitten, und an dessen Fuß an einem länglichen Steinblock weitere 20 Kreuzzeichen, 2 Radkreuze und 4 Schleifrillen angebracht sind.

 Der Van Wervekefelsen

Biersbachtal
50 m vom Beginn der Felswandreihe, zur rechten Seite am Fuße eines überhängenden Felsens 8 Schleifrillen und 8 m weiter, in einem vertikalen Felsspalt, 7 Schalengruben.Eine große, kammerartige Nische oberhalb des Schleiffelsens weist ausgedehnte Brandspuren auf.

Bochelgruecht
20m hinter dem Eingang links befinden sich Spuren von Zickzackstrichelung und an dessen Eckkante ein Felssitz, dann ein vornüberhängendes Felsmassiv an dessen hervortretenter Felsstreifen 4 Schleifrillenstellen mit Schnittformrillen ( metallischen Ursprungs ! ). Dr. Schneider spricht von einer regelrechten neolithischen Werkstatt.

Neolithische Werkstatt ?
Im näheren Umkreis von 2 km befanden sich nicht weniger als 5 Fliehburgen.
( N Burgkapp, W Honeck, SW Kaasselt, NO Vorderer und Hinterer Kachelskapp ). Bochelgruecht ist heute teilweise zugeschüttet und diente 40 Jahre lang als Müllhalde.

Dieltgental
Geht man vom Ausgang des Faulerbachs 1,2 km weit aufwärts, so kommt man an einen Punkt wo der Lauf des Bachs rechtwinkelig abgebogen ist. Zur Westseite, auf 36 m Entfernung vom Faulerbach liegt ein mittelgroßer Felsblock mit einer Gleitfurche von 1,10m Länge.
Quer gegenüber am Ende der linken Talseite ist in dem Eckfelsen, der Faulerbachlä eine sehr alte , bemerkenswerte Grenzmarke eingehauen.

Ponteschgrund bei Scheidgen
Am linken Eingang zum Tal , an der Stä Lä benannt stößt man zuerst auf einen nicht mehr benutzten Steinbruch . An der linken Wand des durchbrochenen Felsens befinden sich einige jüngere Inschriften :
1609 , 1733 , Christusmonogramm, eine Inschrift die lautet:
DIS FELSEN UND BRUECK HAT IANG BAULER IANG TURPIN
IANG PILGER PIR KLEIN GEMACHT IM JAHR 1847.
In einer Brücke ragt ein Quaderstein mit einer Schleifrille mit doppeltem Kopfende heraus.

 Nichtmehr vorhandene Schleifrillen, photografiert 1913 von Dr. Graf Nahe dieser Stelle befanden sich noch mehrere Felsblöcke mit Schleifrillen ( photographiert 1913 von Dr. Graf aus Echternach ) und war als Schauerlä bekannt.
Am rechten Bachufer liegt in der Talsohle ein isolierter, mittelgroßer Felsen mit 3 Gleitfurchen und 2 Gleitflächen.

Gleitfurchen im Ponteschgrung

40 m weiter, am rechten Bachufer befindet sich eine mächtige, breite Felswand mit einer Reihe von Nischen und größeren Aushöhlungen, die Schleifrillen und Schalengruben enthalten. 365 m weiter talaufwärts, ebenfalls am rechten Ufer gibt es eine weitere Felswand mit Nischen. In der zweiten befinden sich ausser Rillen auch noch 11 Kreuze und verschiedene Jahreszahlen eingeritzt. Ein Balkenlager in 2m Höhe weist auf frühere, menschliche Behausung.

Steinbachtal bei Scheidgen
Vom Waschbrunnen aus führt ein schmaler Weg zur Talsohle. Zuerst begegnet man rechts einem Felsen mit einer größeren Höhle,dem Usterzëmmer, dann 40 m tiefer einem mehrstöckigen Felsen mit verschiedenen Höhlen und nach weiteren 30 m einem wieder rechts, im Hang stehenden mittelgroßen Felsen, der eine Gleitfurche an schiefer Ebene aufweist.
Etwa 150 m unterhalb des Einzelhauses, am Stän, und 40 m tief im Wald, ragt links die Kuppe eines gestreckten Felsblockes hervor, der 4 kurze Gleitfurchen aufweist. Einmündung von Kalkesbaach in die Steebaach

 Eingemeißelter Felssitz Nahe der alten Eisenbahnhaltestelle befindet sich im Nordhang des Felstales die sogenannte Einsiedelei (Eremitage). Hier wurden Reste einer Trockenmauer entdeckt. Weiter befindet sich an besagter Stelle ein halbrunder Felssitz, sowie eine rechteckige Aussparung.
In kurzer Entfernung, am rechten Rande des Waldweges nach Lauterborn, von der Bahn aus 350 m, ist in einen Felsen eine Hand eingezeichnet. Es handelt sich hierbei um die in einer Grenzbegehungsurkunde des Jahres 1556 genannte St. Irmilen-Hand. Irmilenhand  

Insgesamt wurden von Dr. Schneider auf luxemburger Sandsteingebiet über 130 Fundstellen und mehr als 200 Fundeinheiten, ohne die Schleifrillen, deren Zahl allein 2000 beträgt, erwähnt.
Zu Dr. Schneider’s Arbeit über sämtliche Schleifrillen Luxemburgs hier noch einige allgemeine Gedankenerweiterungen :

a) die meisten Schleifrillen wurden an Felsüberhängen auf kleineren Felsblöcken oder in Felsnischen vorgefunden, wo die Bearbeitung eines zu schleifenden Werkzeuges meist viel schwieriger und unbequemer war als an nicht weit entfernten Plätzen, wo dieselbe Schleiftätigkeit in viel bequemerer Haltung möglich gewesen wäre.
Daraufhin schliesst Dr. Schneider auf mögliche kultische oder magische Handlung.
Dazu einige Überlegungen :

  • Was für uns als unbequem bezeichnet wird, muss für den Neolithiker nicht unbedingt auch unbequem gewesen sein; er war kleiner, er war geschmeidiger, die Hockerstellung war seine Ruhestellung .
  • Manche bequem zugänglichen Schleiffelsen mögen wohl viel schneller mit Eis und Schnee zubedeckt gewesen sein als die schwerer zugänglichen Felsnischen und unbequeme Felsüberhänge.
  • Einige Schleiffelsen sind mit Sicherheit im Laufe der Zeit "verrückt", will heißen die Brocken sind durch Erdrutsche, Felsabbrüche usw. nicht mehr in ihrer ursprünglichen Bearbeitungsstellung vorgefunden und untersucht worden.

b) Experimentel wurde durch Dr. Schneider nur nachgewiesen, daß Schleifrillen vom Typ 1 und 2 durch das Bearbeiten und Nachschleifen von Steinäxten enstanden sein können.
Doch will hier ergänzt werden daß wahrscheinlich sehr unterschiedliche Steinwerkzeuge während den gewaltigen Rodungsarbeiten des Spätneolithikums des Nachschleifens bedurften und somit wohl die unterschiedlichsten Schleifformen hervorbringen konnten.
c) Daß Schleifrillen nicht alle denselben zeit-und zweckmässigen Ursprung haben, belegt der Van Wervekefels, wo Schleifrillen des Typ 1 durch Schleifrillen des Typ 3 und Kreuze und Schwerter " überschrieben " sind.

  • So sind die Schnittformrillen wahrscheinlich jüngeren Ursprungs und weisen auf Bronze- oder Eisenschliff hin.
  • Gleitfurchen können Schmelzausläufe aus Lehmöfen gewesen sein.
  • Die Mulden dienten vielleicht einer chemischen Nachbearbeitung von Schmuckwaren.
  • Die Kreuze waren womöglich Kontabilitätsnotizen der Handwerker.

Noch lassen die sonderbaren Bearbeitungsspuren eine Vielfalt von Hypothesen zu.

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