aus : Revue 27/1972 nr. 18 von Friederich Evy
Da schon 1590, wie uns der für Breidweiler zuständige
Consdorfer Pfarrer René Linster verriet, die Hubertuskapelle
von Breidweiler in Akten erwähnt wird, war es kein Wunder, daß
sie 1881 einzustürzen drohte und daß man beschloß, sie um- und
neuzubauen.
Und da erlebte man eine Überraschung. In den Fundamenten wurden
nämlich zahlreiche Steine mit Verzierungen, ja sogar mit
eingemeißelten Figuren gefunden. Da damals Denkmalschutz noch
ein ziemlich vager Begriff war, wurde nicht gezögert, die Steine
zu zertrümmern und in die neue Kapelle als einfache Bausteine
einzufügen.
Zum Glück aber gab es in ziemlicher Nähe die Christnacher
Ölmühle, und aus dieser stammte ein in Alterumskunde ziemlich
bewanderter Professor, der Jean Engling hieß und uns ein
paar heute noch mit Interesse zu lesende Schriften, besonders
seine engere Heimat betreffend, hinterließ. Dieser Professor
Engling nun eilte, als er von dem Fund vernommen hatte, herbei
und kam noch rechtzeitig, um drei größere und besonders schöne
Steine zu retten. Sie wurden in den neuen Altar eingemauert und
befinden sich heute noch dort hinter dem Antipendium. Sie wurden,
wie auch die übrigen, von Professor Engling als Bestandteile
eines früheren Larentempels, eines Tempels der
Schutzgötter der Reisenden und der Krieger, identifiziert und
brachten den Beweis, daß Breidweiler schon zur Römerzeit
irgendwie besiedelt war.
Weitere Beweise brachten römische Münzfunde, die vier
verschiedenen Jahrhunderten angehörten. Forschungen ergaben,
daß sich in Breidweiler die Villen Vornehmer befunden haben
müssen, während im benachbachten Altrier, auf der Schanz,
Militär vorherrschte. Dort, wo heute der Gemenerhof
steht, soll die Doppelvilla Jumentis gestanden haben. Aus all dem
kann man ersehen, daß Breidweiler auf eine lange Geschichte
zurückblicken kann.
Aus dem 16.ten Jahrhundert ist dann bekannt, daß "
Preitweiler" den ganzen Zehnten an Oeren zahlte. 1625
gab es dort ein Pfarrhaus, das laut Expertise " a
fundamentis baufeligh " war, an dessen Neubau die
Pfarrkinder kein Interesse zeigten, so daß ihr Pastor, J. Treiss
aus Diekirch, an den Provinzialrat appellieren mußte, worauf die
Breidweiler zum Bauen angehalten wurden und von ihrem Pastor das
Baumaterial geliefert bekamen.
Ein paar Jahrzehnte später steckte Créqui Breidweiler in
Brand, doch die Einwohner suchten sich dadurch schadlos zu
halten, daß sie zusammen mit Bewohnern einiger benachbarter
Dörfer die Häuser der Untertanen der Herrschaft Befort in
Consdorf Berdorf und andernorts erbrachen, die Insassen blutig
schlugen und ihr Vieh wegführten. Erneut Klage beim
Provinzialrat gegen sie.
Jurisdiktion über sie hatten noch im 18. Jahrhundert Oeren und
Echternach gemeinsam. Dann gab es noch einmal 1799 große
Aufregung in Breidweiler, als 25 Gendarmen das Dorf
durchkämmten, weil sie, allerdings vergeblich, nach zwölf zu
Deportierenden aus dem Kanton Roodt fahndeten. Und schließlich
wurde bei der Ardennen-Offensive das Dorf evakuiert, bis auf
sieben Mann, die sich um das Vieh sorgten.
Haben die lokalen Ereignisse im Lande auch kaum Resonanz
gefunden, so sind aus Breidweiler doch immerhin einige Männer
hervorgegangen, von denen im Lande, und sogar weiter draußen,
geredet wurde. Lehrer Strevelers Sohn brachte es bis zum
Dechanten in Bettemburg. Aus der Familie Leonardy, die jetzt
bereits in der neunten Generation auf dem Gemenerhof wohnt, kam
nicht nur der heutige Hofbesitzer und Schöffe Nicolas Leonardy,
der Bürgermeister von Consdorf war und Abgeordneter, sondern
auch jener François-Xavier Leonardy, der Domherr in Reims wurde
und auch seinen Vetter Nicolas Leonardy später Pfarrer in
Clausen, als Deutschlehrer ans dortige kleine Seminar holte.
Und dann gibt es etwas, worin Breidweiler wirklich vorbildlich
ist: Sein Vereinsleben. Es hat nur 70 Einwohner, die sich
in 21 Häuser teilen, aber es besitzt zwei überaus blühende
Vereine, nämlich einen Gesangverein und einen Theaterverein. Als
der Gesangverein 1939 Fahnenweihe hatte, da stand ihm Eugène
Huberty vor, der dann mit 90 Jahren starb. Heute ist wieder ein
Huberty, Adolphe, Präsident. Auch er denkt es auf viele Jahre zu
bringen, wenn er auch wohl kaum den Rekord, den ein Vetter seiner
Mutter mit 106 1/2 Jahren aufstellte, brechen dürfte. Was die
"Theaterfrënn" nun angeht, so wird allgemein die
Harmonie, die in ihm herrscht, gelobt. Und daß sie das Herz auf
dem rechten Fleck haben, das bewiesen die Breidweiler
Theaterspieler, als sie vor kurzem den Handikapierten einen
beachtlichen Scheck überreichten.
Große Probleme hat Breidweiler nicht zu lösen. Es verfügt
über genügend Wasser, jedoch wurde der Wunsch nach einem Bassin
zur Verteilung als Garantie laut. Und einen schönen Festsaal
besitzt es auch, der ihm sein Vereinsleben zusammenhält. Eine
Busverbindung gibt es zur Stadt und zurück, und dann ist ja der
Gemeindehauptort Consdorf, Residenz von Bürgermeister
Jean-Pierre Goedert, Gemeindesekretär Marcel Mirkes und
Einnehmer Nicolas Wagner, nicht weit, und von dort laufen
Busverbindungen nach vielen Richtungen.
In Breidweiler wird noch Landwirtschaft getrieben. Wohl
wurde der mächtige Stoppelhof gedreiteilt, so dass jetzt drei
verschiedene Familien in drei verschiedenen Gebäulichkeiten dort
wohnen, aber die Betriebe rentieren sich. Die vier Bauern, die
Milch abliefern, bringen es täglich auf 1 200 bis 1 500 Liter.
Dann wäre noch zu sagen, daß ganz in der Nähe der Marscherwald
liegt, daß dort Op Paschend Staatsplantagen angelegt wurden, die
der Förster hütet, daß in der Breidweiler Kapelle eine der
deftigsten Hubertus-Darstellungen des Landes steht, die
man schon nicht mehr als Statue, sondern als Gruppe ansprechen
muß.
Schließlich gibt es auf einem Felsen einen sagenhaften Ort
"Merdeschheischen" , wo vor Jahren zwei Russen gehaust
haben sollen. Genaueres darüber scheint es nicht zu geben.
Doch halt, jetzt hätten wir fast etwas vergessen: Es gibt da in
Breidweiler einen schön angelegten Aussichtspunkt, dicht an der
Straße, von dem aus man das halbe Müllertal und die ganzen
jenseitigen Höhen, Christnach und Waldbillig zu beherrscht.
Dieser Ausblick lohnt es schon, daß man in Altrier von der
Hauptstraße abbiegt, sich nicht durch die Straßenschilder
"Breitweiler" beirren lässt und über Colbette nach
Breidweiler fährt.
Evy Friederich Revue 27/1972 18
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